"Zwiespältig" fällt für Manager Stefan Köck die Saisonbilanz der WSG Tirol aus. Es war eine Spielzeit mit gemischten Gefühlen, emotionaler Abgang nach elf Jahren von Langzeit-Trainer Thomas Silberberger inklusive. Die "Wattener Wundertüte" offenbarte "zwei Gesichter". Vor der Winterpause kamen die Tiroler noch mit einem "blauen Auge" davon, weil mit Absteiger SC Austria Lustenau ein Team einen "Horror-Herbst" und zugunsten des späteren Tabellenvorletzen spielte. Der zumindest stets in punkto Klassenerhalt das "Heft des Handelns" für sich behielt und den Ligaverbleib vorzeitig schaffte. Beim Rückblick...

Kann voller Stolz und Zufriedenheit auf sein "Lebenswerk WSG Tirol" zurückblicken: Thomas Silberberger, der in seiner elfjährigen Ära die Wattener von der Regionalliga in die ADMIRAL Bundesliga führte und dort salonfähig machte. 

Bei Badestädtern beinahe baden gegangen - holprige Herbstsaison

...gehen wir chronologisch vor und sehen in der Retrospektive einen Stolperstart der Silberberger-Schützlinge. Beginnend mit der ersten Pflichtpartie der Saison 2023/24, der 1. Runde im Uniqa-ÖFB-Cup. In der die Wattener am Freitag, den 21. Juli, die Reise nach Oberösterreich führte. Zum Viertligisten SV Sedda Bad Schallerbach, der dem favorisierten Bundesligisten alles abverlangte. Nach regulärer Spielzeit stand es 1:1, ehe Ex-LASK-Spieler Valentino Müller in der sechsten Minute der Verlängerung die Tiroler in Führung brachte. Doch Miliam Guerrib glich nochmals aus (111.). Bevor es zum Elfmeterschießen kam, wurde Aleksander Buksa mit seinem zweiten Treffer zum 3:2-Matchwinner (114.).

Somit schleppte sich die WSG in die neue Bundesliga-Saison, in der es einen klassischen Fehlstart gab. Drei Auftaktniederlagen, nach sechs Runden gerademal zwei Zähler auf dem Konto (2U, 4N). Nach der ersten länderspielbedingten Ligapause dann der ersehnte erste Dreier, mit 3:2 in Lustenau. Die ebenfalls bis dato sieglosen Vorarlberger, die auch bis zur Winterpause ohne vollen Erfolg bleiben sollten, kamen gerade zur rechten Zeit für die WSG.

Wobei es im altehrwürdigen Reichshofstadion eine wilde Partie war. Die WSG lag per Doppelschlag vor der Pause durch Kofi Schulz (38.) und Nik Prelec (42.) mit 2:0 vorn, kassierte nach dem Seitenwechsel schnell den Ausgleich durch Doppelpacker Anthony Schmid (50./57.), ehe Lukas Sulzbacher zum 3:2-Matchwinner der Gäste avancierte (62.). 

Mit acht BL-Treffern führt Nik Prelec klar die Torschützenliste der WSG Tirol an. Nach seiner zweiten Saison als Leihspieler von Cagliari Calcio geht es für den 22-jährigen Slowenen (geb.: 10. Juni 2001 in Maribor) nun wieder zurück nach Italien. Oder gibt es ein drittes Leihjahr bei den Wattenern?

Sieben Niederlagen en suite inkl. ÖFB-Cup-Aus am Monte Schlacko

Wer dachte, dass der erste BL-Saisonsieg die Tiroler beflügeln würde, sah sich getäuscht. Es folgten sechs Niederlagen en suite (plus der 1:3-Pleite in der 2. Runde im ÖFB-Cup Ende September bei ADMIRAL 2. Ligist DSV Leoben), bei den letzten fünf blieben Prelec & Co. sogar ohne eigenen Treffer (gesamt: 2:12 Tore).

Im vorletzten Heimspiel vor der Winterpause schossen sich die Wattener dann den über Wochen angestauten Frust von der Seele - mit 5:1 gegen den SCR Altach, zugleich der erste und einzige Saisonsieg im Herbst am Innsbrucker Tivoli. Der zweite Dreier, beide gegen einen West- bzw. Ländle-Klub. In die Winterpause verabschiedete sich die WSG dann zwar mit zwei ordentlichen Leistungen, doch auch Niederlagen gegen die späteren Meistergruppen-Mannschaften LASK (0:1 auswärts) und SK Rapid (1:2). Mit nur elf Punkten, doch immerhin noch acht Vorsprung auf Rote Laterne-Inhaber Austria Lustenau, beendete das Silberberger-Team die Herbstrunde.

Mehr schlecht als recht startete der Tabellenvorletzte dann - wie zu Saisonbeginn - mit drei Niederlagen ins neue Jahr, wobei vor allem gleich zum Auftakt die 0:2-Pleite gegen Schlusslicht SC Austria Lustenau schmerzte. Zugleich der erste Dreier für die Vorarlberger, die somit den Abstand auf fünf Zähler verkürzten. Während die Tiroler hernach beim WAC (1:4!)) und in Innsbruck gegen den späteren Meister SK Sturm Graz (0:2) weiter leer ausgingen. 

Turnaround mit März und nach Wutrede von Silberberger & Köck

Doch nach Runde 20 und mit Anfang März passierte was, ging ein Ruck durch die Mannschaft, wohl auch weil Cheftrainer Thomas Silberberger und Manager Stefan Köck "Tacheles geredet" hatten. Was fruchtete! So wurde mit dem 1:0 daheim über den späteren Überraschungs-Meistergruppen-Teilnehmer TSV Hartberg die ersten Punkte im Kalenderjahr eingefahren, obendrein gleich drei, und auch die 0:2-Niederlage im letzten Grunddurchgang-Match bei Austria Wien gut weggesteckt. Es war längst eine andere Energie, ein anderer Teamspirit in der Truppe vom erfahrensten Feldspieler Kofi Schulz, dem 34-jährigen Berliner.

Mit der Finalrunde im Unteren Playoff wurde die WSG Tirol zur "Mannschaft der Stunde", feierte im "Schneckenrennen" der Qualigruppe mit "X" als Standard-Resultat in den ersten Runden den einzigen Dreier und blieb überhaupt die ersten vier Spiele unbesiegt (2 S, 2U). Besonders wertvoll dabei natürlich der 2:1-Sieg in Bregenz gegen Austria Lustenau, wodurch man sich nicht nur für die 0:2-Heimpleite im Februar rehabilitierte, sondern den Abstand auf das Schlusslicht auf fünf Punkte ausbaute.

Hernach folgte zwar eine 0:3-Niederlage bei Austria Wien, doch im Retourmatch revanchierten sich die Grün-Weißen mit einem 1:0-Sieg am Tivoli über die Veilchen. Bei Teil zwei des Heimspiel-Doppels wurde dann mit einem 0:0 bereits in Runde 29 der vorzeitige Klassenerhalt gesichert, was zu solch einem Zeitpunkt Wochen vorher nicht zu erwarten war.

In furioser Finalrunde kurzzeitig sogar von "Europa geträumt"

Plötzlich schnupperte das Kapitän-Duo Bacher/Müller & Co. sogar an einem Platz für das Europacup-Play-off-Halbfinale. Doch der Traum platzte schnell. Mit dem erreichten Liga-Verbleib war die "Luft raus", die letzte Anspannung ebenfalls, wurden in den letzten drei Spielen drei Niederlagen kassiert. Obwohl die Grün-Weißen ihrem Trainer Thomas Silberberger, der eine Ära prägte und die Wattener als Bundesligist an Nachfolger Philipp Semlic übergibt, sicher einen würdigeren Abgang schenken wollten.

Der seit 3. Juni 51-jährige Wörgler wurde zur WSG-Legende, geht durch die "große Tiroler Tür" (Anm.: neuer Verein ADMIRAL 2. Ligist FC Flyeralarm Admira - wir berichteten) und bewies bei der "Stabübergabe" Charakter, indem Thomas Silberberger in der Trainerkabine für seinen Nachfolger ein paar Glückwunsch-Zeilen auf der Tafel hinterließ.

Der wiederum tritt in große Fußstapfen, wenn die WSG Tirol in ihre sechste Saison en suite im Oberhaus geht, wieder vor einem personellen Umbruch steht und das Ziel erneut ausschließlich Klassenerhalt lauten kann. Oder, Philipp Semlic...? Dazu demnächst mehr auf Ligaportal.

Stefan Köck: "Irgendetwas hat im Team gefehlt"

Vorweg noch auf Ligaportal-Nachfrage ein Saison-Fazit von WSG-Manager Stefan Köck (Foto): "Meine Saisonbilanz ist zwiespältig. Einerseits haben wir unser Saisonziel drei Runden vor dem Ende erreicht. Das ist für einen Klub wie die WSG Tirol, mit unseren Möglichkeiten, schon ein großer Erfolg.

Andererseits wäre da und dort etwas mehr möglich gewesen. Wir waren der Meinung, dass wir eine gute Qualität im Kader und eine sehr talentierte Truppe hatten, es ist uns aber erst mit Beginn der Qualirunde gelungen, die Qualität zu zeigen. 

Irgendetwas hat im Team gefehlt und auch die mehrmals angesprochenen, individuellen Fehler haben nicht zu einer stabilen Saison beigetragen. Daher eben meine Bilanz zwiespältig."

War im letzten Saisonspiel und zugleich seinem letzten für die WSG die "tragische Figur": Felix Bacher. Der 23-jährige Abwehrchef erzielte das letzte Saisontor für die Wattener, zugleich sein einziges in dieser Spielzeit mit dem 1:0-Führungstor in Wolfsberg, um bei der 1:3-Niederlage allerdings mit einem kapitalen Fauxpas den WAC-Ausgleich zu ermöglichen. Dennoch machte der 1,90 Meter-Mann und Kapitän (teilte das Amt mit Valentino Müller, wobei - verletzungsbedingt - beide eher selten gemeinsam auf dem Feld standen) nochmal einen Leistungssprung, zählte zu den Dauerbrennern. Man darf gespannt sein, wo ihn seine Reise hinführt?

28 eingesetzte Spieler / Nik Prelec Toptorjäger & Dauerbrenner

Saisonbilanz: 32 Spiele, 7S, 5U, 20N; 29:55 Tore; Punkte-Schnitt = 0,81; Zuschauerschnitt Innsbrucker Tivoli: 1.806. 

BL-Torschützen (13): Nik Prelec (8), Mahamadou Diarra (4, Anm.: alle gegen FC Blau-Weiß Linz), Luca Kronberger (3), Julius Ertlthaler und Denis Tomic (je 2), Felix Bacher, Aleksandar Buksa, Sandi Ogrinec, Osarenren Okungbowa, Kofi Schulz, Stefan Skrbo, Lukas Sulzbacher, Matthäus Taferner (je 1) und zwei gegn. Eigentore .

Eingesetzte Spieler, inkl. ÖFB-Cup (28): Nik Prelec (34), Adam Stejskal (32 Spiele), Aleksandar Buksa und Kofi Schulz (je 31), Felix Bacher, Lukas Sulzbacher und Matthäus Taferner (je 30), Sandi Ogrinec (29), Osarenren Okungbowa (25), Luca Kronberger (24), Mahamadou Diarra und David Gugganig (je 23), Cem Üstündag (22), Johannes Naschberger (21), Julius Ertlthaler und Alexander Ranacher (je 18), Dominik Štumberger (16), Justin Forst (15), Bror Blume und Valentino Müller (je 14), Thomas Geris (13), Stefan Skrbo (10), Denis Tomic (8), Yannick Vötter (5), Benjamin Ozegovic (3), David Jaunegg (2), Raffael Behounek und Paul Schermer (je 1).

In der nächsten Folge der dritte West-Klub aus dem Tabellenkeller: Der Tabellenzehnte CASHPOINT SCR Altach

Fotocredit: WSG Tirol-Hagleitner, Harald Dostal/www.sport-bilder.at und GEPA-ADMIRAL