Seit vergangenen Sommer ist Roland Kirchler Sportdirektor beim CASHPOINT SCR Altach, nach 19 Runden der ADMIRAL Bundesliga-Saison 2023/24 Tabellenzehnter. Am Sonntagabend sprach der 53-jährige Innsbrucker und ehemalige ÖFB-Team-Mittelfeldspieler (28 Einsätze, fünf Tore) bei Sky Sport Austria in der von Martin Konrad moderierten Sendung "Talk und Tore" Klartext.

"Ein Wiener Verein wird unter dem Strich sein und einer darüber" 

Roland Kirchler (Sportdirektor CASHPOINT SCR Altach) über...

…den Kampf um die Meisterschaft: „Sturm ist eine Mannschaft, die Salzburg heuer Paroli bieten könnte. Sie sind fähig, den Titel zu holen. Die Mannschaft hat extreme Qualität und einen sehr breiten Kader. Die können zwei komplette Mannschaften aufstellen, das hat früher nur Red Bull Salzburg zusammengebracht.

Sie nähern sich immer mehr an. Salzburg ist heuer in der Offensive nicht so effektiv, wie sie in den letzten Jahren waren. Deshalb denke ich, dass der Unterschied kleiner wird. Es wird spannend ganz oben.“

…den Kampf um Platz sechs in der Tabelle: „Hartberg und Klagenfurt sind einfach hartnäckig und die Austria hat einen kleinen Lauf. Ein Wiener Verein wird unter dem Strich sein und einer darüber.“

„Es ist ein Weltwunder, dass wir so schnell zueinander gefunden haben"

…die Entwicklung des SCR Altach: „Ich habe schon in Hartberg gesagt, sie sind ein Jahr weiter als wir. Wir hatten einen kompletten Umbau im Sommer. Wir hatten einen neuen Sportdirektor, neuen Trainer und haben zehn Leute in der Mannschaft ausgetauscht. Es ist ein Weltwunder, dass wir so schnell zueinander gefunden haben. Wir haben dann im Winter wieder etwas gemacht.

Der Umbau der Mannschaft war extrem radikal. In dieser Art und Weise habe ich das bei anderen Mannschaften noch nie gesehen. Hier ist uns Hartberg oder Klagenfurt in der Stabilität ein Jahr voraus.“

…das Selbstvertrauen der Mannschaft: „Wenn man hinten drinnen steht, ist man im Kopf nicht so frei. Wenn man ein paar Punkte mehr hat und weiter vorne ist, geht es mit Selbstvertrauen etwas besser. Wir sind eine neue Truppe und müssen uns in den Abläufen noch kennenlernen. Wir sind auf einem guten Weg, aber die letzten 10-20% fehlen.“

„Gefahr, wenn Punkte geteilt werden, dass man im Schlamassel wieder dabei ist"

…den Beginn des Jahres: „Man scheidet im Cup natürlich nicht gerne aus. Sie haben es top ausgenützt, da muss man Leoben gratulieren. Trotzdem war Fußball spielen nicht unbedingt gegeben auf diesem Platz. Ich will aber kein schlechter Verlierer sein. Wir sind ausgeschieden und das war nicht in Ordnung. Wir haben dann gegen Blau Weiß und die Austria zwei gute Spiele gemacht.

Trotzdem haben wir zu wenige Punkte geholt. Ich kann es auch nicht mehr hören, dass wir immer gut spielen und machen dann keine Punkte. Da ist die Gefahr, wenn die Punkte geteilt werden, dass man im Schlamassel wieder dabei ist.“

…die individuellen Fehler der Mannschaft: „Es ist die letzte Konsequenz und Konzentration. Wir haben Kinderfehler drinnen, die uns um die Früchte bringen. Das dauert schon zu lange. Irgendwann muss man den Bock umstoßen und ein Spiel gewinnen. Ein Sieg macht dann im Kopf viel frei.“

„Atdhe Nuhiu haben sie fünf Tore aberkannt beim VAR"

…die schwache Chancenverwertung des SCR Altach: „Wir haben eine gute Offensive. Der eine oder andere, der drinnen sein müsste, ist dann aber nicht drinnen. Atdhe Nuhiu (Foto) haben sie fünf Tore aberkannt beim VAR und drei, vier Mal wurde der Ball auf der Linie abgewehrt.

Das ist aber kein Zufall, man muss bei jedem Training daran arbeiten. Wie man trainiert, so spielt man auch. Die Jungs trainieren gut, aber die Stürmer sollten sich bei jedem Abschluss in jedem Training bemühen, dann klappt es auch beim Spiel.“

…die Entscheidung für Joachim Standfest als Trainer: „Ein Bonus für Joachim war, dass er die Mannschaft gekannt hat. Ich war auch ganz neu hier und habe die Truppe nur von den letzten vier Runden gekannt, wobei davon kaum jemand übrig geblieben ist. Wir hatten natürlich zwei, drei anderen Trainerkandidaten. Ich war nicht der Alleinverantwortliche in dieser Geschichte.

In der Endverantwortung natürlich schon, aber es ist auch Christoph Längle als langjähriger Geschäftsführer integriert. Auch Marc-Andre Kriegl als Chef-Scout und Philipp Netzer sind in diesem Board drinnen. Bei der Trainerentscheidung war ich derjenige, der den Trainer ausgesucht hat. Er hat aufgeschrieben, was ihm wichtig ist, und ich habe aufgeschrieben, was mir wichtig ist.

Das hätte man übereinander legen können. Ich finde, dass es wichtig ist, dass Trainer und Sportdirektor zusammenpassen. Wenn das zusammenpasst, ist es über längere Zeit das Erfolgsgeheimnis. Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen und werden nicht nervös.“

„Bin von unserer Mannschaft und dem Trainer so überzeugt, dass ich ruhig schlafen kann“

…die Tabellensituation des SCR Altach: „Ich werde nicht nervös, weil ich weiß, dass wir eine coole Truppe und einen Trainer haben, der jeden Tag Vollgas gibt beim Training und seine Jungs fordert. Natürlich ist nicht alles top und ich kann die Tabelle lesen. Ich bin nicht dumm, aber ich bin von unserer Mannschaft und dem Trainer so überzeugt, dass ich ruhig schlafen kann.“

…die Infrastruktur des SCR Altach: „Altach hat vieles richtig gemacht. Wie ich 2007 dort gespielt habe, war der Platz knöcheltief ohne Rasenheizung und der Trainingsplatz war ein Acker. Sie haben dann jedes Jahr wieder etwas gemacht. Sie hatten einen Weitblick und haben das kontinuierlich verfolgt."

Mit Vesel Demaku haben die Altacher und Sportdirektor Roland Kirchler für die Frühjahrssaison einen, für seine seit kurzem 24 Jahre, erfahrenen Mittelfeldspieler aus Graz ausgeliehen, der bereits gesamt 82 Bundesliga-Einsätze für drei Klubs - SK Sturm, SK Austria Klagenfurt und FK Austria Wien - absolvierte.

"Um Pink haben wir uns bemüht - hätten auch Oliver Strunz von Rapid gerne gehabt"

…eine mögliche Verpflichtung eines Stürmers: „Ein Knipser kostet Geld. Um Pink (Markus, Anm.) haben wir uns bemüht. Da waren wir kurz vor Schluss dran. Er hat auch gesagt, wenn er nach Österreich geht, geht er zu uns. Dann hat Sandhausen noch ein paar Körner im Keller gefunden und die drauf gelegt.

Wir hätten auch Oliver Strunz von Rapid gerne gehabt. Der hat sich zwei Tage, bevor der Wechsel zustande gekommen ist, den Knöchel gebrochen. Wir wissen, dass es ganz vorne einen Stürmer bräuchte, der immer zehn Tore schießt. Das wäre natürlich angenehm. Fußball ist aber kein Wunschkonzert und ein Stürmer, der viele Tore schießt, kostet extrem viel Geld. Da muss man gut aussuchen.“

Fotocredit: SCR Altach und GEPA-ADMIRAL