Im Sommer 2022 wurde UNIQA CFO Kurt Svoboda einstimmig zum Präsidenten des First Vienna FC gewählt. Mit seiner Wahl hatte Österreichs ältester Fußballverein nach fünf Jahren wieder einen Präsidenten. Davor war der Niederösterreicher bereits als Vizepräsident eine treibende Kraft beim Comeback der Vienna. Nach einer der sportlich erfolgreichsten Spielzeiten der jüngeren Vergangenheit spricht Präsident Svoboda im Interview über die jüngsten Erfolge, den steinigen Weg zurück, die kommenden Projekte und das Jubiläumsjahr des Vereins.

svoboda praesident vienna 23 06 2024

Herr Svoboda, die Vienna hat die vergangene Saison in der ADMIRAL 2. Liga nach einigen Aufs und Abs auf dem dritten Platz abgeschlossen. Wie bewerten Sie die Leistung des Teams insgesamt?

Trotz einiger Herausforderungen im Saisonverlauf können wir von einer erfolgreichen Spielzeit sprechen. Besonders die Leistungen vor der Sommerpause gegen Titelanwärter wie Ried und die Admira waren sehr ansprechend. Wir haben es mit einem starken Meisterschaftsfinish geschafft, den dritten Platz zu erreichen, was nicht immer absehbar war. Wir wissen jedoch, wo wir ansetzen müssen, um in der kommenden Saison konstanter zu sein. Insgesamt waren wir 2023/24 wieder erfolgreich und wir konnten uns im Vergleich zu letztem Jahr weiter steigern.

Die Vienna-Frauen holten in einem spannenden Saisonfinale noch den zweiten Tabellenplatz. Damit gelang dem Team die erstmalige Qualifikation für die Women‘s Champions League. Wie stolz kann man auf diese Leistung sein?

Das ist ein herausragender Erfolg und wir sind unglaublich stolz auf unser Frauenteam. Die Qualifikation für die Women’s Champions League ist ein Meilenstein in der Geschichte des Vereins. Es ist auch eine Bestätigung des hohen Niveaus und der harten Arbeit unserer Spielerinnen und des gesamten Betreuerstabs. Ich freue mich besonders für unser Team, das so hart für diesen Erfolg gearbeitet hat und nun die Chance hat, sich auf europäischer Bühne zu präsentieren. Dazu kann ich nur noch einmal gratulieren.

Nach diesen großartigen Erfolgen in der vergangenen Saison, was sind Ihre Erwartungen und Ziele für die kommende Spielzeit?

Wir wollen uns kontinuierlich verbessern und sind uns bewusst, dass die Erwartungen sowohl für die Männer- als auch für die Frauenmannschaft nicht kleiner geworden sind. Unser Ziel ist es, weiterhin um die Spitzenplätze zu kämpfen und uns konstant weiterzuentwickeln. Für die Männer bedeutet das, konstanter in den Leistungen zu werden, um eine Topplatzierung zu erreichen. Bei den Frauen müssen wir sehen, was die Saison bringt, insbesondere da wir voraussichtlich acht U20-Spielerinnen zur WM in Kolumbien abstellen werden, die mitten in der Meisterschaft stattfindet. Das ist sehr erfreulich, wird aber auch eine große Herausforderung für das Team. Darüber hinaus möchten wir die Strukturen des Vereins weiter professionalisieren und unsere Jugendarbeit weiter ausbauen.

Seit dem Einstieg von UNIQA 2017 ist einiges passiert. Mittlerweile steht man auf einem gesunden Fundament, am Haus wird mit viel Ausdauer gebaut. Wie sehen Sie die Entwicklung der Vienna insgesamt?

Die Entwicklung seit dem Einstieg von UNIQA ist sehr positiv und macht mich stolz. Wir haben eine solide finanzielle Basis geschaffen und gemeinsam im Team den Schritt in die 2. Liga geschafft sowie das Frauenteam in der Bundesliga etabliert. Das haben uns nur wenige zugetraut. Der Verein wächst kontinuierlich und wir sind auf einem guten Weg, unsere langfristigen Ziele zu erreichen. Es ist wichtig, dass wir diesen Weg mit Ausdauer weitergehen und auch Zwischenschritte einlegen. Wir haben einen klaren Plan und sind froh, dass uns starke Partner dabei unterstützen.

Die Nachwuchsarbeit wird bei der Vienna traditionell sehr hoch gehalten und ist ein wichtiger Bestandteil des Vereins. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation und wie sehen Sie die Integration von Nachwuchsspieler:innen in die erste Mannschaft?

In unserem Nachwuchs leisten wir richtig gute Arbeit! Die Jugendarbeit hat bei der Vienna immer einen hohen Stellenwert, da sie eine wichtige Säule in unserem Konzept bildet. Dementsprechend haben wir in den vergangenen Jahren stark in die Ausbildung und Förderung unserer Talente investiert. Wir konnten in der ersten Saison der neugeschaffenen ÖFB-Jugendregionalliga eine bedeutende Rolle spielen und mit dem NWZ U18 sogar Meister werden. Bei den Mädchen haben wir mit fünf Nachwuchsteams sicher eine Vorreiterrolle in Wien und auch in Österreich. Da gilt es, am Ball zu bleiben und sich nicht auf den Erfolgen auszuruhen. Ganz wichtig war auch der Aufstieg der Amateure in die Stadtliga, da die meisten unserer Talente dort ihre ersten Schritte im Erwachsenenfußball machen und wir somit den Gap zur ersten Mannschaft verkürzen konnten.

Der Aufstieg in die Bundesliga ist ein großes Ziel. Wie realistisch sehen Sie dieses Ziel für die kommenden Jahre?

Der Aufstieg in die Bundesliga ist definitiv ein realistisches Ziel. Wir haben in den letzten Jahren hart daran gearbeitet, um die Mannschaft und den Verein auf dieses Niveau zu bringen und dabei große Schritte vorwärts gemacht. Wir sind gut vorbereitet und zuversichtlich, dass wir es in den nächsten Jahren schaffen können, wenn wir weiterhin so konsequent darauf hinarbeiten.

Die Stadionfrage ist ein immer wiederkehrendes Thema. Gibt es neue Entwicklungen oder Pläne in Bezug auf das Stadion der Vienna?

Das Stadion ist tatsächlich ein wichtiges Thema für uns, besonders im Hinblick auf einen möglichen Aufstieg. Wir haben stets klar kommuniziert, dass es Geduld erfordert. Derzeit sind wir in guten Gesprächen mit dem Stadtrat und der MA51, um eine Lösung zu finden, die unseren Anforderungen entspricht. Ein bundesligataugliches Stadion ist entscheidend für die Ziele des Vereins und wir sind zuversichtlich, dass wir in naher Zukunft auch bei diesem Thema Fortschritte machen werden.

Der Bau der Rasenheizung war für diesen Sommer angepeilt. Nach Gesprächen mit der Stadt wurde dieser auf nächsten Sommer verschoben. Was waren die Gründe dafür?

Im Zuge der Gespräche mit der Stadt Wien hat sich die Dimension des Projekts verändert: Entsprechend unseres Anspruchs, bei allen Vorhaben den Aspekt der Nachhaltigkeit mitzudenken, haben wir auch mögliche Maßnahmen besprochen, die auf der Hohen Warte möglich sind. Daraus hat sich ergeben, dass wir neben der Verlegung einer Rasenheizung, die ein Bundesligakriterium ist, auch Geothermie-Bohrungen vornehmen werden, um in Zukunft die Hohe Warte nachhaltig mit Erdwärme zu heizen. Zudem wird neben unseren bereits vorhandenen Zisternen ein Brunnen gegraben, um die Bewässerung des Rasens noch ressourcenschonender zu gestalten. Der Umfang und die Vorbereitung dieser zusätzlichen Maßnahmen haben unseren Zeitplan verändert und es notwendig gemacht, das Projekt um eine Saison zu verschieben. Diese Verzögerung nehmen wir gerne in Kauf, wollen wir doch im österreichischen Fußball im Bereich der Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnehmen.

Die Vienna feiert in diesem Jahr ihr 130-jähriges Bestehen. Was bedeutet dieses Jubiläum für Sie persönlich und für den Verein?

Das 130-jährige Jubiläum ist ein sehr emotionales Ereignis für uns alle. Man denkt oft zu wenig darüber nach, was für eine Zeitspanne das eigentlich ist. 130 Jahre - das ist mehr als das Doppelte meines Alters! Das macht einen demütig und erinnert einen auch, mit diesem Vermächtnis sorgsam umzugehen. Das Jubiläumsjahr ist für uns eine Gelegenheit, neben der reichen Geschichte der Vienna auch auf die Erfolge der letzten Jahre zurückzublicken und gleichzeitig nach vorne zu schauen. Das führt uns vor Augen, wie ereignisreich auch die letzten Jahre waren und wie weit wir in so kurzer Zeit gekommen sind – vom Fast-Aus bis zurück in den Profifußball. Das motiviert uns, weiterhin hart zu arbeiten, um die Zukunft des Vereins zu gestalten.

Welche besonderen Veranstaltungen oder Feierlichkeiten sind geplant, um dieses historische Ereignis zu würdigen?

Wir haben eine Reihe von Veranstaltungen geplant, um diesen Meilenstein gebührend zu feiern. Dazu gehört unser Jubiläumsspiel gegen 1860 München, das sicher ein echtes Highlight werden wird. Die Gespräche mit 1860 München verliefen sehr positiv und beide Vereine waren sofort begeistert von der Idee. Zum anderen freuen wir uns auf die Ausstellung „130 Jahre Vienna“ im Q19, die Eröffnung ist für 1. August 2024 geplant. Für den tatsächlichen Geburtstag am 22. August haben wir uns auch bereits etwas überlegt. Hier möchte ich noch nicht zu viel verraten, die Details werden wir rechtzeitig bekanntgeben.

Was möchten Sie den Fans der Vienna für die kommende Saison mit auf den Weg geben?

Zunächst danke ich allen unseren Fans und Partnern für ihren unermüdlichen Support und ihre Leidenschaft. Für die kommende Spielzeit wünsche ich mir, dass wir alle weiterhin hinter unserer Vienna stehen und unsere Teams unterstützen, sowohl in guten als auch in schwierigen Zeiten. „Einig Spiel führt zum Ziel“, das galt vor 130 Jahren und das gilt auch jetzt noch. Wir haben gerade in den vergangenen Jahren bewiesen, was gemeinsam möglich ist und ich bin zuversichtlich, dass uns eine spannende und erfolgreiche Saison bevorsteht.

Fotocredit: First Vienna FC 1894