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Kreuzbandriss: "Es gibt Faktoren, die das Verletzungsrisiko erhöhen" - Interview mit Dr. Figl

Interview mit dem Sportarzt und Unfallchirurgen Priv.-Doz. Dr. Markus Figl über häufige Verletzungen im Fußball, ihre Ursachen und moderne Behandlungsmöglichkeiten. Dr. Figl ist Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, Facharzt für Unfallchirurgie und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger. Er ist als Sportarzt in seinen Ordinationen in Wien Döbling und Tulln tätig. Dr. Figl ist spezialisiert auf die Behandlung von Knie- und Sportverletzungen. Kontakt und weitere Infos: www.sportarzt-wien.at oder www.drfigl.at

interview dr figl

Vorderer Kreuzbandriss gilt als "Klassiker"

Herr Dr. Figl, Sie sind seit vielen Jahren als Sportarzt tätig. Was sind die häufigsten Verletzungen im Fußball?

Dr. Figl: Am meisten betroffen ist immer das Knie. Ein „Klassiker“ ist der vordere Kreuzbandriss. Aber auch Meniskusrisse und Innenseitenbandverletzungen kommen häufig vor.

Handelt es sich eher um Überlastungen oder um akute Unfälle?

Dr. Figl: In den meisten Fällen sind es frische Verletzungen, die im Zweikampf passieren. Manchmal reicht es aber auch aus, einfach im Rasen hängenzubleiben und sich das Knie zu verdrehen. Und schon ist das Kreuzband gerissen.

Die Verletzungsgefahr nimmt zu: Welche Faktoren erhöhen das Risiko solcher Verletzungen? Oder sprechen wir hier eher von Pech?

Dr. Figl: Beides. Es gibt zweifellos Faktoren, die das Verletzungsrisiko insbesondere für das Kniegelenk erhöhen. Zum einen sind es konstitutionelle Faktoren, diese betreffen meist die Muskulatur. Zum anderen tragen die Schnelligkeit und die körperliche Intensität des heutigen Fußballs sowie Übertraining zu den vielen Kreuzbandverletzungen bei.

Inwiefern wirkt sich der moderne Fußball auf die Art der Verletzungen aus?

Dr. Figl: Die Schwere der Knieverletzungen im Fußball nimmt zu. Die Fälle werden immer komplexer und sind oft eine Kombination aus Bandverletzungen, Meniskusrissen und Knorpelfrakturen. Das macht die Behandlung aufwendig. Auch die Rehabilitation der Spieler nach derartigen Verletzungen ist anspruchsvoll.

Unterscheiden sich die Verletzungsmuster bei Amateuren und Profis?

Dr. Figl: Nein, die Verletzungsmuster sind sehr ähnlich, die Behandlung ist für beide Gruppen gleich. Auch in der postoperativen Rehabilitation gibt es keinen Unterschied.

Welche Fehler können die Situation nach einer Knieverletzung verschlimmern? Ich vermute, dass viele Spieler aus Ehrgeiz zu früh mit dem Training beginnen.

Dr. Figl: Ja, das passiert leider immer wieder. Gerade nach einer Kreuzbandverletzung sollte man eine entsprechende Trainingspause einhalten. Steigt man zu früh wieder ins Training oder in den Wettkampf ein, erhöht sich das Risiko eines erneuten Kreuzbandrisses um ein Vielfaches. Eine Kreuzbandverletzung nicht ausheilen zu lassen, ist der größte Fehler, den man machen kann.

Die Medizin hat große Schritte gemacht

Wie haben sich die Diagnose und Behandlungsmethoden entwickelt?

Dr. Figl: In den vergangenen Jahren ist sehr viel passiert. Die Abklärung von Knieverletzungen erfolgt in erster Linie durch den Unfallchirurgen.

Das Bildmaterial welches wir von den MRT-Untersuchungen erhalten ist hochauflösender geworden. Das hilft uns, das Ausmaß der Verletzungen bis ins Detail schon vor der Operation zu kennen.

In der Unfallchirurgie werden die arthroskopischen Techniken durch moderne Instrumente immer präziser. Ein neuer Trend ist die zusätzliche Verstärkung des Kreuzbandes mit einem speziellen Nahtmaterial, dem sogenannten Fibertape. Diese Verstärkung schützt das Kreuzbandtransplantat besonders in der der Einheilungsphase.

Gibt es auch außerhalb der Kreuzbandverletzungen vielversprechende Entwicklungen?

Dr. Figl: Auf jeden Fall. Bei Knorpelverletzungen stehen uns eine Vielzahl innovativer Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. An erster Stelle sind hier die ACP Therapie zu nennen. Dabei werden bestimmte Faktoren aus dem Eigenblut des Patienten nach Aufbereitung in das Gelenk injiziert.

Erwähnen möchte ich auch die Stammzellentherapie, die insbesondere bei abnützungsbedingten Knorpelschäden eine Rolle spielt. Dabei werden körpereigene Stammzellen, welche aus dem Fettgewebe entnommen werden, in das Gelenk eingebracht. Auch die operativen Möglichkeiten bei frischen Gelenksknorpelschäden haben sich in den letzten Jahren durch Verfahren wie Autocart und Nanofrakturierung erheblich verbessert

Welche Rolle spielt die Prävention?

Dr. Figl: Eine ganz wichtige Rolle! Jeder verhinderte Kreuzbandriss ist ein großer Gewinn. Zur Prävention gehören eine gute Muskulatur, aber auch individuelle Trainingspläne. Physiotherapeuten und Sportwissenschafter sind hierbei eine große Hilfe.

Ich halte es auch für sinnvoll, sich von einem Ernährungsmediziner umfassend testen zu lassen. Fehlende Nährstoffe können heute mithilfe der orthomolekularen Medizin nämlich gezielt ergänzt werden.

Leider stelle ich oft fest, dass die älteren Fußballer für Prävention zugänglicher sind als die Jungen. Den Jungen fehlt oft noch das Bewusstsein, dass ein Kreuzbandriss nicht nur eine lange Ausfallzeit, sondern mitunter auch das Aus der Karriere bedeuten kann.

Warnsignale sollten niemals ignoriert werden

Was würden Sie jungen Fußballern raten, damit ihre Knie langfristig gesund und leistungsfähig bleiben?

Dr. Figl: Eine gute Muskulatur ist wichtig. Man sollte die Muskulatur regelmäßig nach Plan trainieren und sich gesund ernähren.

Und ganz wichtig: auf den eigenen Körper hören. Sobald der Körper Warnsignale sendet, muss man sie ernst nehmen und gegebenenfalls die Trainingsintensität anpassen. Nicht jeder kann fünfmal die Woche trainieren und am Wochenende ein Spiel bestreiten

Gibt es einen besonderen Erfolgsmoment, an den Sie sich gerne erinnern?

Dr. Figl: Ja, da fällt mir folgender Fall ein: Ein junger Spieler am Weg zum Profi, er war gerade 17 Jahre alt, kam mit einem Kreuzbandriss und einer schweren Knorpelverletzung im Knie zu mir. Die Diagnose war niederschmetternd: Ein großes Knorpelstück an der Oberschenkelrolle war aus dem Kniegelenk herausgebrochen und das vordere Kreuzband völlig zerfetzt.

Eine solche Verletzung gefährdet nicht nur die Karriere, sondern kann auch im normalen Alltagsleben Beschwerden auf Dauer mit sich bringen. In einer aufwendigen Operation gelang es uns die Knorpeloberfläche wiederherzustellen und das Kreuzband mit einem Transplantat zu ersetzen.

Nach 9 Monaten konnte der Spieler wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen. Er fand sogar zu alter Stärke zurück und spielt bis heute. Das zeigt, wozu wir in der Unfallchirurgie inzwischen in der Lage sind. Dinge, die früher unvorstellbar waren.

Kontakt und weitere Infos: www.sportarzt-wien.at oder www.drfigl.at

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