Beim österreichischen Rekordmeister SK Rapid, bei dem seit Jahren eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft, werden auch in dieser Saison mal wieder turbulente Zeiten durchlebt. Den letzten Heimerfolg (und einzigen!) in der ADMIRAL Bundesliga-Saison 2023/24 gab es am 5. August in Runde 2 gegen den SCR Altach (4:0), jetzt wurde Cheftrainer Zoran Barišić freigestellt. Laut Aussage von Mittelfeld-Neuzugang Lukas Grgic lebt die Mannschaft und braucht keinen Psychologen. Schauen wir uns an, was Mentalcoach Wolfgang Seidl in seinem neuen Gastbeitrag dazu zu sagen hat.

Obwohl der SK Rapid einen außergewöhnlichen "12. Mann" hinter sich weiß und die "West" eine enorme Wucht hat, steht in dieser Saison beim 32-maligen Österreichischen Meister nur ein Heimsieg aus sieben BL-Spielen zu Buche. Zu wenige für die Ansprüche & Ambitionen! Ist das Fan-Faustpfand Fluch und Segen zugleich?

Enge Spiele werden im Kopf entschieden

Viele der SK Rapid Matches in dieser Saison waren sehr knappe Partien, wie die beiden Unentschieden gegen den LASK mit Toren in der Nachspielzeit oder das 3:3 gegen den WAC, ebenfalls mit dem Gegentor in der 97. Minute. Enge Spiele werden nur selten durch technische Fähigkeiten von Spielern oder taktische Maßnahmen ihrer Trainer entschieden.

Die entscheidenden Situationen werden im Kopf entschieden. Das heißt, die Spieler sind möglicherweise nicht mehr voll konzentriert, ihr Fokus ist nicht mehr zu 100 Prozent bei ihrer Aufgabe oder ihre innere Überzeugung, das Ergebnis über die Runden zu bringen, fehlt.

Mentale Kompetenzen

Auch wenn Zoran Barišić erwähnt, dass die Mannschaft lebt und Qualität hat, müssen wir uns die Frage stellen, haben die einzelen Spieler auch die notwendigen mentalen Qualitäten, die es braucht um genau diese engen Matches zu entscheiden? Lukas Grgic sagte in einem Interview, dass die allerletzten Minuten des Spiels ein Beweis für ihn seien, dass die Mentalität nicht das Problem ist.

Damit meint der 28-jährige Welser, die Jungs hängen sich voll rein und kämpfen bis zur letzten Minute, was sicherlich meist stimmt. Aber unter mentalen Qualitäten verstehe ich als Mentalcoach nicht nur die Mentalität, also die Einstellung der Spieler, sondern auch die Fähigkeiten, wie zum Beispiel, bis zum Schlusspfiff voll konzentriert zu bleiben, Ablenkungen und Störungen ausblenden zu können und vor dem Tor die notwendige Ruhe und Entschlossenheit zu zeigen, um nur einige wenige zu nennen.

SK Rapid-Kapitän Guido Burgstaller & Co. haderten hin und wieder in dieser Herbstsaison auch mit Schiedsrichter-Entscheidungen, was auch die Konzentration auf das Wesentliche beeinträchtigte und Ablenkungen und Störfeuer zuließ.

Mentale Arbeit bei den SK Rapid-Profis wird vernachlässigt

Als neutraler Beobachter des SK Rapid bin ich überzeugt, dass Zoran Barišić - seit vielen Jahren bekennender Rapidler mit Herzblut - als Trainer gute Arbeit leistete und junge Spieler ins Team heranführte. Leider hat er, wie auch seine Vorgänger, zu wenig auf die psychologische Arbeit hingewiesen und einen Teampsychologen bzw. erfahrenen Mentalcoach gefordert.

Es ist nicht ausreichend, wenn man, wie in der Vergangenheit, mal im Trainingslager einen Psychologen einfliegen lässt oder nur sporadisch die Spieler unterstützt. Mentale Arbeit ist ein langfristiger Prozess. Nachhaltige Veränderungen können nur durch regelmäßige Arbeit mit dem Team und den einzelnen Spielern erreicht werden. Und diese nachhaltige mentale Arbeit fehlt Rapid im Profibereich! Im Nachwuchs hingegen wird durch zwei Sportpsychologen sehr gute Arbeit geleistet.

Dass der SK Rapid seit Eröffnung des Allianz Stadions im Sommer 2016 (!) daheim in acht (!) Jahren noch kein Wiener Derby gegen die Veilchen gewonnen hat, ruft auch das mentale Thema hervor!

Erfolgreiche Teams arbeiten auch mental

Erfolgreiche Vereine haben erkannt, dass sie ihren Spielern vertrauensvolle Ansprechpartner, wie Sportpsychologen oder Mentalcoaches, zur Verfügung stellen, um die mentale Kompetenz ihrer Spieler nachhaltig zu fördern. Trainer können oft schwer nachvollziehen, was in den Köpfen ihrer Spieler vorgeht.

Außerdem haben sie nicht das Wissen und die Zeit, ihre Spieler hier ausreichend zu unterstützen. Außerdem werden die wenigsten Spieler sich dem Trainer gegenüber öffnen, und ihre Ängste und Sorgen kundtun. Das könnte ja als Schwäche ausgelegt werden.

Ich bin hoffnungsvoll, dass ein neuer Trainer bei Rapid diese Thematik erkennt und die richtigen Maßnahmen setzt.

Wolfgang Seidl

Wolfgang Seidl, ist selbstständiger akademischer Mentalcoach mit einer Praxis in der Steiermark und Wien. Er betreut als Coach Sportler, stressgeplagte Menschen, Mannschaften und Unternehmen. 

Der Schwerpunkt seiner Arbeit im Fußball liegt einerseits in der mentalen individuellen Betreuung von SpielerInnen, Trainern sowie in der Entwicklung und Beratung von Teams.


MANA4YOU

Wolfgang Seidl, MBA
Akademischer Mentalcoach
Dipl. Teamentwickler
HeartMath®Coach

Praxis Steiermark: Burgauerstrasse 49; 8283 Bierbaum
Praxis Wien: Cumberlandstrasse 102; 1140 Wien

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