Nach 4 Niederlagen und 1 Remis, ergo lediglich 1 Zähler aus den ersten 5 Runden der ADMIRAL Bundesliga haben die Verantwortlichen des FC Blau-Weiß Linz die Ruhe bewahrt und wurden dafür belohnt. Der Aufsteiger schaffte den "Turn-Around", ist seit 4 BL-Partien unbesiegt (je 2S + U), ließ zudem mit dem sensationellen 1:0-Coup bei Serienmeister FC Red Bull Salzburg, der bis dato seit Dezember 2020 in der heimischen Red Bull Arena unbesiegt blieb, aufhorchen. Cheftrainer Gerald Scheiblehner äußerte sich zum Aufwärtstrend und weiteren Themen der Blau-Weißen im Sky Sport Austria Podcast „DAB|Der Audiobeweis“.

"Mir ist es nicht ganz so wichtig, ob ich in Bundesliga, 2. Liga oder Regionalliga Trainer bin"

Gerald Scheiblehner (Trainer FC Blau Weiß Linz) über...

Veränderungen nach dem Aufstieg in die Bundesliga: „Es hat sich einiges verändert. Mir ist es aber nicht ganz so wichtig, ob ich in der Bundesliga, der 2. Liga oder Regionalliga Trainer bin. Mir macht die Arbeit als Trainer Spaß und natürlich ist es immer ein Ziel, dass man erfolgreich ist. Wenn man dann in die Bundesliga aufsteigt, ist es natürlich ein schöner Erfolg.

Mir macht es Spaß mit einer Mannschaft zu arbeiten und sich jedes Wochenende zu messen. Wir haben schon gesehen, dass ein großer sportlicher Unterschied besteht, wenn man gegen Mannschaften wie Rapid, Austria oder Sturm Graz spielt. Es ist eine riesengroße Herausforderung, auch für mich als Trainer. Es war zu Beginn auch ein großes Thema, dass am Mittwoch SKY hier ist, am Freitag der ORF kommt und am Samstag sind statt 1.000 Zuschauern vielleicht 10.000 im Stadion. Der Gegner ist stärker und verliert man, gibt es eine ganz andere Resonanz im Anschluss unter der Woche. Das war zu Beginn eine große Umstellung.“

seine ruhige Art als Trainer: „Ich kann schon sehr emotional sein, denke aber, dass das nicht unbedingt vor der Kamera Platz hat. Als Trainer hat man eine gewisse Vorbildwirkung und muss sich ordentlich präsentieren. Das gelingt nicht immer, aber man bemüht sich zumindest. Die Aufgabe als Trainer ist in erster Linie, die Mannschaft zu unterstützen.

Da ist es nicht immer hilfreich, wenn man von Emotionen getrieben ist und aufgrund von Emotionen falsche Entscheidungen trifft. Ich bemühe mich als Trainer, dass man das Spiel gut einschätzt. Das ist schwer genug aus der Perspektive des Trainers, die Räume gut einzuschätzen und auf beide Mannschaften zu sehen. Es ist immer ein Learning dabei und man muss von Spiel zu Spiel besser werden.“

…die Spielanlage des FC Blau Weiß Linz: „Unser Spiel lebt davon, dass wir sehr aufmerksam und genau sein müssen, denn wir müssen viele Schwächen kompensieren und müssen jene Dinge, wo wir Stärken haben, am Spieltag bereit haben, sonst haben wir in dieser Liga keine Chance.

Das haben wir zu Beginn gesehen. Wenn wir in gewissen Dingen nachlässig oder unkonzentriert sind, dann schaut es schlecht aus. Das haben wir als Team in den Griff bekommen, müssen aber dranbleiben, denn wir werden mittlerweile ernster genommen als zu Beginn.“

„Nach so kurzer Zeit Mannschaft Bundesligatauglichkeit abzusprechen, habe ich übertrieben gefunden“

…die Ligatauglichkeit des FC Blau Weiß Linz: „Wir haben von Beginn weg unseren Spielern vertraut. Es braucht einfach seine Zeit. Im Vorjahr, als wir als Titelfavorit in der zweiten Liga gestartet sind, hatten wir nach zehn Spieltagen zehn Punkte Rückstand. Auch da war die Stimmung von außen negativ und wir haben diese Rückschläge gemeinsam gut aufgearbeitet.

Wenn man so viele Tore bekommt und sich die Gegentore ansieht, waren viele Dinge dabei, die nicht ligatauglich waren. Mich hat die eine oder andere Wortmeldung gestört, denn als Experte sollte man genauer hinschauen und nach so kurzer Zeit einer Mannschaft die Bundesligatauglichkeit abzusprechen, habe ich übertrieben gefunden.“

„Es ist eine riesengroße Herausforderung“

…die schwierige Anfangsphase des FC Blau Weiß Linz: „Es ist für mich eine riesengroße Herausforderung, eine solche Phase zu überstehen und zu zeigen, dass man mit einem Aufsteiger mit wenig Budget, großer Erwartungshaltung und einem miesen Start es mit einem kleinen Team trotzdem schafft. Ich schaue mir auch Spiele von Austria Klagenfurt an, von routinierten Trainern wie Peter Pacult. Ich habe auch immer wieder Kontakt zu Peter Stöger. Von denen kann man etwas lernen. Man muss nicht alles übernehmen, aber wenn man zuhört, kann man etwas lernen. Das hat auch geholfen.“

…die Herausforderungen nach dem Aufstieg: „Da der Aufstieg erst in letzter Sekunde fixiert wurde, konnten wir uns nicht vorbereiten. Dann war der Wechsel des Sportdirektors. Wir haben auch vier, fünf Tage richtig gefeiert. Dann hat man zweieinhalb Wochen Zeit, um Gespräche zu führen und wir haben gemerkt, dass wir nicht die Einzigen sind, die an Spielern dran sind. Viele Spieler haben sich für andere Vereine entschieden. Es ist nicht viel übrig geblieben für uns. Wir sind nach den Abgängen von Seidl und Mayulu mit einem schlechteren Kader gestartet, als wir aufgehört haben.

Wir haben zwei, drei spannende Spieler wieder dazu geholt, aber denen muss man Zeit geben. Der Unterschied ist, in der zweiten Liga kann man ihnen mehr Zeit geben als in der Bundesliga. Conor Noß hat schon gezeigt, dass er Potential hat, aber auch ein Tobias Koch zeigt, dass er ein Leistungsträger sein kann.“

seine Laufbahn als Trainer: „Trainer zu werden hat mich immer schon interessiert. Ich habe relativ schnell begonnen als U11, U13 oder Co-Trainer. Ich habe mir als Ziel gesetzt, solange Trainer zu sein, solange es aufwärts geht. Ich wollte nicht 15 Jahre Trainer in der Oberösterreichliga sein. Das ist mir gelungen. Ich habe auch immer wieder Glück gehabt, dass zum Beispiel Vorwärts Steyr in Konkurs gegangen ist, sonst hätten die mich nie genommen. Ich habe in Steyr alles gemacht, vom Nachwuchschef über Sportdirektor bis Trainer, habe Fanstammtische organisiert und Zeitungen mitproduziert. Ich wollte dann nur mehr Trainer sein und habe die Chance bei den Juniors (Juniors Oberösterreich, Anm.) bekommen.

Man überlegt dann schon, ob das gelingt. Drei Kinder, die Hausfinanzierung, das ist ein Risiko. Ich habe mir gedacht, ich probier’s und bin dann ziemlich enttäuscht worden in meiner ersten Profistation, weil ich zum ersten Mal entlassen wurde. Das war hart, auch wenn es dazugehört. Dann war es eine glückliche Fügung, dass Blau Weiß keinen Trainer hatte. Die ersten drei Kandidaten haben Blau Weiß abgesagt. Ich habe diese Chance genützt und es freut mich, dass ich mittlerweile das dritte Jahr bei diesem Verein bin.“

„Wenn wir Aufstieg nicht geschafft hätten, wäre Blau Weiß nicht mehr fähig gewesen, um Aufstieg mitzuspielen“

…die Stimmung im Verein: „Es war eine große Euphorie. Das Stadion, das unter glücklichen Umständen zustande gekommen ist, weil der LASK eines bekommen hat. Dann passiert genau in jenem Jahr, in dem das Stadion fertig wird, der Aufstieg. Es ist sehr vieles aufgegangen. Wenn wir den Aufstieg nicht geschafft hätten, wäre Blau Weiß nicht mehr fähig gewesen, um den Aufstieg mitzuspielen. Die finanziellen Mittel wären ausgegangen.“

…die weitere Entwicklung der Mannschaft: „Wir wollen stabil bleiben. Wir dürfen nicht glauben, dass es jetzt immer so weitergeht. Wir müssen im Ballbesitz gefährlicher werden. Wir brauchen in dieser Liga Siege. Die Unentschieden sind eine bessere Niederlage, man braucht immer wieder einmal einen Sieg. Um in dieser Liga Spiele zu gewinnen, muss man 90 Minuten stabil sein und Tore schießen. Wir müssen dran bleiben und im Ballbesitz viel besser werden.“

"Man hat immer den Eindruck gehabt, Gerald verliert nicht die Nerven"

Alfred Tatar (Sky Experte) über...
Gerald Scheiblehner: „Er geht an die ganze Angelegenheit mit einer Portion Bodenständigkeit heran. Nicht zu Tode betrübt, wenn man verliert, und nicht himmelhoch jauchzend, wenn man gewinnt, sondern ein sehr positives Mittelmaß. Zu Beginn der Bundesligasaison war die Lage nicht sehr rosig, aber trotzdem hat man immer den Eindruck gehabt, Gerald verliert nicht die Nerven, er wird nicht fahrig und es gibt keine Hauruck-Aktionen. Er hat immer auf den Punkt analysiert und das seiner Mannschaft weitergegeben. Von daher ein großes Kompliment an die Persönlichkeit Gerald Scheiblehner.“

…die Mannschaft des FC Blau Weiß Linz: „Lernfähigkeit ist ein wesentliches Element im Fußball. Wenn man aus Fehlern nicht lernt und diese immer wieder wiederholt, ist man untauglich. Die Lernfähigkeit einzelner Spieler, aber auch des Teams, habe ich erkannt. Wenn man vom ersten Spieltag an zugesehen hat, dann hat man durchaus eine Entwicklung gesehen.“

"Stefan Feiertag wird irgendwann in die Fußstapfen von Ronivaldo treten können"

…die Zielsetzungen des FC Blau Weiß Linz: „Blau Weiß hat wie die WSG oder Austria Lustenau ein Ziel: die Klasse zu halten. Wenn man die Klasse halten will, dann geht es nicht darum, einen Spieler so zu entwickeln, dass man Millionen verdient. Man muss das Team hinstellen, damit man das Ziel erreicht.“

…die Mannschaft des FC Blau Weiß Linz: „Das Team ist nominell schwächer in die Bundesliga gestartet als es Meister wurde in der 2. Liga. Dazu hat man nicht immer die Möglichkeit, Spieler zu holen, die zu Blau Weiß wollen. Ich sehe aber einige Spieler, die Potential haben. Stefan Feiertag wird irgendwann in die Fußstapfen von Ronivaldo treten können.“

Fotocredit: Harald Dostal/www.sport-bilder.at