WIEN
Frauen

Brigitte Entacher im Interview der Woche

Der ASV Simacek Spratzern sorgte in der Herbstsaison der ÖFB-Frauenliga für Furore, da man bislang mit dem viel höher eingeschätzten NÖ-SV Neulengbach Pflegeheim Beer absolut mithalten konnte. Einen großen Anteil an diesem Erfolg hat sicher auch die Trainerin von Spratzern, Brigitte Entacher. Brigitte Entacher ist seit drei Jahrzehnten im österreichischen Frauenfußball aktiv und sie ist somit ein höchst kompetenter Gesprächspartner, um über die Entwicklung und Akzeptanz des Frauenfußballs zu sprechen.

Unterhaus.at/wien: „Wie war der Stellenwert des Frauenfußballs vor dreißig Jahren?"

Brigitte Entacher: „1983 hat mich mein Vater zum Dorfverein SV Mutters bei Innsbruck gebracht und ich wurde dann von Wacker Innsbruck auf Grund von Freundschaftsspielen entdeckt. Mit 15 Jahren bin ich dann zu Wacker Innsbruck gegangen und habe dort bis zu meinem 32. Lebensjahr im Mittelfeld gespielt. Der Stellenwert von Frauenfußball war gleich null – sowohl Spielerinnen als auch Trainer waren untergriffigen und diskriminierenden Bemerkungen ausgesetzt. Man brauchte als Frau sehr viel Selbstbewusstsein dem Fußball weiter aktiv treu zu bleiben, aber auch die finanziellen Belastungen waren groß. Die Fahrten zu den Spielen und die Aufenthalte mussten selbst bezahlt werden. Das ist erst im Laufe der Zeit besser geworden."

Unterhaus.at/wien: „War die Aufwärtsentwicklung des Frauenfußballs eine stetige oder hat es zwischendurch größere Sprünge nach vorne gegeben?"

Brigitte Entacher: „Richtige Sprünge nach vorne hat es nicht gegeben – es war eine Entwicklung über längere Zeit. Der Fortschritt liegt vor allem darin, dass bereits in den Nachwuchsmannschaften die Mädchen bei den Burschen integriert wurden. Jetzt ist es ziemlich ideal, weil die Mädchen bis zum 14. Lebensjahr bei den Burschen mitspielen können. Früher war es auch Tabuthema, dass Mädchen in Akademien und Leistungszentren aufgenommen wurden. Jetzt gibt es sogar so etwas wie Fixplätze die für Mädchen bzw. Frauen reserviert sind und das ist ein großer Fortschritt."

 

















Unterhaus.at/wien: „Wo steht der österreichische Frauenfußball im Vergleich mit den Männern?"

Brigitte Entacher: „Da die Leistungsdichte bei den Männern größer ist, sind die Männer schon näher bei der internationalen Spitze dabei. Neulengbach beweist aber, dass man in der Champions League der Frauen durchaus mit den Spitzenteams aus den skandinavischen Ländern mithalten kann. Das größte Problem ist der Bereich der Athletik, da hinken wir um Jahre hinterher. Entscheidend ist, wie viele Trainingseinheiten in der Woche angeboten werden. Bei uns sind es drei Einheiten in der Woche, in Deutschland Schweden oder Norwegen sind es mindestens sechs bis acht Einheiten. Als aktiver Spieler muss man einfach Eigeninitiative ergreifen, um dieses Manko aufzuholen. Dabei geht es darum zu Hause eine Art Privattraining zusätzlich aufzuziehen. Die Trainer der österreichischen Nationalmannschaft versuchen diesen Weg zu gehen."

Unterhaus.at/wien: „Neulengbach galt in Österreich bis dato als kaum bezwingbar. Ist Neulengbach schwächer geworden oder Spratzern stärker?"

Brigitte Entacher: „Spratzern hat sicher aufgeholt und Neulengbach war bis jetzt nicht gewohnt, dass von unten Druck kommt. Ich hatte durch das Management bei Spratzern auch das Glück, dass ich Spieler holen konnte von denen ich überzeugt war, dass diese unsere Mannschaft verstärken. Diese Neuzugänge haben wie eine Bombe eingeschlagen."

Unterhaus.at/wien: „Von jedem Training eines Weltcup-Skispringens gibt es eine Direktübertragung im Fernsehen – niemand weiß eigentlich, dass am 19.11.2011 die österreichische Frauen-Nationalmannschaft auf Portugal trifft - woher dieses Missverhältnis?"

Brigitte Entacher: „Der ÖFB tut sicher einiges – aber in dieser Richtung mediales Interesse zu erzeugen, da sehe ich vor allem die Dachorganisation gefordert. Das nationale Frauenzentrum in St. Pölten ist so ein wichtiges Zeichen und kein Lippenbekenntnis mehr wie es früher mal üblich war. Es wird aber auch vom ÖFB kaum über Frauenfußball berichtet, da würde ein kleiner Blick nach Deutschland genügen, um zu sehen, was man noch besser machen könnte. Es wird einfach das A-Team bei den Berichten überproportional bedient, von den Männer-Nachwuchsmannschaften des ÖFB hört man auch nur dann etwas, wenn gerade ein prominenter Trainer engagiert ist."

 

















FOTOS: Katharina Ehart


Unterhaus.at/wien: „Wie schaut die Zukunft des Frauenfußballs in Österreich nach Ihrer Meinung aus?

Brigitte Entacher: „Wichtig wäre es vor allem Möglichkeiten zu schaffen, dass die Anzahl der Trainingseinheiten pro Woche erhöht werden kann. Frauenfußball in Österreich ist bislang absoluter Amateursport und man muss in Richtung einer halb-professionellen Ausrichtung gehen. Dieser Weg wurde ja schon in anderen Bereichen sehr erfolgreich beschritten. Man muss den Spielerinnen eine fundamentale finanzielle Absicherung bieten. Nur so hat man die Chance wirklich an die Spitze zu kommen."

Unterhaus.at/wien bedankt sich herzlich für das interessante Gespräch.

von Josef Krainer

Sichere dir bis zu 100€ als Freiwette und wette auf deine Lieblingssportarten.