Die "Gruabn" hat für den SK Sturm Graz und seine Anhänger Legendenstatus. Für negative Schlagzeilen sorgt dieser Tage aber das Geläuf in der Kult-Spielstätte, das einem "Acker" gleicht und den Verantwortlichen des spusu SKN St. Pölten Rush sowie dessen Spielerinnen sauer aufstieß. Als "gesundheitsgefährdend für alle Spielerinnen" bezeichnete Sportdirektorin Tanja Schulte den Untergrund im Grazer Stadtteil Jakomini. Aus diesem Anlass baten wir die Präsidentin der Wölfinnen, Andrea Pichler, zum exklusiven LIGAPORTAL-Interview.

Kein gutes Bild gab das Grün in der "Gruabn" zuletzt ab - der spusu SKN St. Pölten Rush wollte dies verständlicherweise nicht einfach so hinnehmen.

"...haben sich dennoch sehr professionell vorbereitet und letztendlich darauf eingestellt"

LIGAPORTAL: Gab es vor dem Match gegen Sturm Graz keine offizielle Platzinspektion durch den Schiedsrichter Goran Stevic?

Andrea Pichler: Unsere Sportdirektorin Tanja Schulte hat mit dem Schiedsrichter sofort nach seiner Ankunft gesprochen. Wir sind zu diesem Zeitpunkt alle davon ausgegangen, dass er den Platz für unbespielbar einstuft. Jedoch hat er nur auf die – vor vier Monaten – erteilte Kommissionierung berufen, den IST-Zustand wollte er überhaupt nicht bewerten. Die Verantwortung läge in diesem Fall absolut nicht bei ihm.

LIGAPORTAL: Können Sie die Reaktion Ihrer Spielerinnen auf die Situation vor Ort beschreiben? Wie gingen sie mit der zusätzlichen Herausforderung um?

Andrea Pichler: Das Spiel der Future League-Mannschaften (Nachwuchs-Teams) beider Mannschaften war bei unserer Ankunft noch im vollen Gange. Die Spielerinnen haben zunächst nicht geglaubt, dass dies der Spielort bzw. das Spielfeld für die Bundesliga-Partie ist. Sie waren dann nach der Information, dass dem doch so ist, regelrecht geschockt.

Unser nächster Schritt: Wir haben unsere Spielerinnen dann darüber in Kenntnis gesetzt, dass wir davon ausgehen, dass wir auf so einem Platz nicht spielen und es der Schiedsrichter wohl genauso sieht. Dennoch haben sie sich weiter professionell vorbereitet und letztendlich darauf eingestellt, dass es eben nun „diese Bedingungen“ sein werden. Das ist letztendlich noch das Positivste an dieser Sache: Die Spielerinnen haben sich nicht davon beeinflussen lassen und den Kampf angenommen!

"...das ist der eigentliche Hauptgrund unseres Ärgers"

LIGAPORTAL: Haben Sie bereits Kontakt mit den Verantwortlichen des SK Sturm Graz aufgenommen?

Andrea Pichler: Ja, natürlich! Und das ist auch der eigentliche Hauptgrund unseres Ärgers und letztendlich auch dafür, dass wir uns für die Presseaussendung am nächsten Tag entschieden haben. Die Verantwortlichen der Frauen berichten seit Jahren von den Einschränkungen, die sie durch die Profimannschaft erfahren müssen. Ansetzungen der Spiele wären einzig und allein davon abhängig, wann die Profis um Cheftrainer Christian Ilzer trainieren. Und auch am Sonntag verwiesen sie vehement darauf, dass sie „hier spielen MÜSSEN“ und es selbst nicht wollen. Gut abgestimmt waren sie jedoch nicht, denn wir haben unterschiedliche Versionen gehört, die uns dann an diesen Aussagen zweifeln haben lassen.

Das recherchierte Interview von Michael Erlitz vom 06.09. auf sturmetz.at hat dies dann auch bestätigt: Denn bei den Sturm-Mädels erwartet man sich seinen Aussagen zufolge durch die – schon zu dem Zeitpunkt – nicht guten Bedingungen einfach einen größeren Heimvorteil. Damals vielleicht auch noch legitim, aber seit Freitag, also zwei Tage vor dem Spiel, waren die Bedingungen nicht nur „nicht gut“, sondern deutlich schlimmer. Einfach unterirdisch. Und spätestens da hätte man reagieren müssen. Wir werfen den Verantwortlichen vor, dass sie den Zustand des Spielfeldes wohlwissend in Kauf genommen haben. Allerdings war für sie nicht davon auszugehen, dass wir am Sonntag diesen Zustand einfach so hinnehmen.

"...kritisieren die Tatsache, dass an diesem Standort nichts getan wurde, um die Missstände zu beheben"

LIGAPORTAL: Was sagt der Fußballverband dazu?

Andrea Pichler: Der ÖFB wurde vor dem Spiel schriftlich damit konfrontiert, dass wir „unter Protest“ angetreten sind. Das zieht schon mal automatisch eine Nachbearbeitung nach sich. Daraufhin konnte sich die ÖFB-Ligaverantwortliche selbst ein Bild machen (ÖFB-TV). Nun wird es eine Stellungnahme seitens des Verbandes geben müssen. Auch der ÖFB ist von der Thematik „Messendorf und Abhängigkeit Nutzung der Profis“ ausgegangen.

LIGAPORTAL: Es wurde erwähnt, dass Ersatzspielerinnen inmitten der rauchenden Zuschauer auf der Tribüne sitzen mussten. Auch von “Joints” ist die Rede. Ist das korrekt?

Andrea Pichler: Ja, das ist zu 100 % korrekt. Aber, das ist aus Sicht der Zuschauer ja mittlerweile nichts Verbotenes mehr. Dass die Ergänzungsspielerinnen aufgrund der zu kleinen Ersatzbänke und des Standortes der Ersatzbänke inmitten der Zuschauer sitzen müssen, ist das Problem. Übrigens: Die Stimmung in der „Gruabn“ – auch durch das Eintreffen der Sturm-Fans nach dem Männer-Spiel – war super. Also wir kritisieren nicht den Standort, sondern die Tatsache, dass an diesem Standort nichts getan wurde, um die Missstände zu beheben.

LIGAPORTAL: Was erhoffen Sie sich von der Liga und anderen Klubs in Bezug auf die Unterstützung und Verbesserung der Bedingungen für den Frauenfußball in Österreich?

Andrea Pichler: Betrachten Sie es mal aus einem anderen Blickwinkel. Eigentlich könnte es uns doch nun egal sein. Wir haben das Spiel erfolgreich bestritten. Das nächste Mal werden wir voraussichtlich – die Cup-Auslosung lasse ich nun mal außen vor – erst wieder im Frühling in Graz spielen. Es ist unsererseits ein Fingerzeig und ein Kampf für alle Vereine, die da noch spielen müssten. Es ist ein Kampf für den Frauenfußball und egal, wie es die Verantwortlichen von Sturm auffassen, auch ein Kampf für den Frauenfußball in Graz. Jetzt muss und wird etwas passieren. Und wir haben am wenigsten davon…

LIGAPORTAL: Herzlichen Dank für das Interview!

Hinweis: Der SK Sturm Graz wollte sich auf Anfrage von ligaportal.at nicht dazu äußern. 

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